Die groben Irrtümer einer Heidelberger Anwältin
Corona-Abwehrmaßnahmen sind rechts- und verfassungskonform
Rechts- und verfassungswidrig seien die Corona-Maßnahmen, sogar ein Angriff auf den Bestand der Bundesrepublik Deutschland, behauptet eine Heidelberger Anwältin, und beantragt das Einschreiten des Bundesverfassungsgerichts. Aber ehe man behauptet, die gesamte Juristenzunft hätte grob versagt, sollte man vielleicht zunächst die einschlägigen Gesetze sorgfältig lesen, und auch den Sachzusammenhang berücksichtigen. Denn was hier als Regelung angegriffen wird, geht zurück auf spätestens das Reichsseuchengesetz von 1900, und wer die getroffenen Regelungen als verfassungswidrig bezeichnet, bestreitet dem Staat die Befugnis überhaupt, auf Epidemien wirksam zu reagieren. Denn um nichts anderes geht es hier, um die spezifische Problematik der Ausbreitung von Krankheiten, bei denen man heute eben gerade nicht weiß, wie sie sich entwickeln werden, und bei der derzeit nicht beteiligte, gesunde Menschen eine entscheidende Rolle für die Gesundheit einer Vielzahl von Menschen und damit die Allgemeinheit haben.
Aber da wird nicht einmal der Gesetzestext zur Kenntnis genommen, doch eigentlich ein Grundelement der Rechtsanwendung. Denn, so wird argumentiert, die einschränkenden Maßnahmen dürften sich laut Gesetz nur gegen Personen richten, von denen die Gefahren ausgehen. Dabei unterscheidet das Gesetz ausdrücklich zwischen diesen Personen und "Personen" ohne weitere Eingrenzung, sprich: alle, auch Gesunde. Es heißt dort (Hervorhebung ergänzt):
IfSG § 28 Schutzmaßnahmen
(1) 1Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in den §§ 29 bis 31 genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten. 2Unter den Voraussetzungen von Satz 1 kann die zuständige Behörde Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen beschränken oder verbieten und Badeanstalten oder in § 33 genannte Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon schließen.
„Personen“ können verpflichtet werden, ohne weitere Eingrenzung, also auch „Gesunde“. Und wenn „Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen“ verboten oder Badeanstalten geschlossen werden können, ausdrückliche Beispiele, dann richten sich diese Maßnahmen gerade nicht gegen Personen, von denen Gefahren ausgehen können, sondern gegen (derzeit noch) Gesunde – die aber, das ist das Besondere und Wichtige bei der Bekämpfung von Epidemien – im weiteren Verlauf in das Krankheitsgeschehen einbezogen werden könnten. Vorsorglich werden ihnen Pflichten auferlegt, denn niemand (!) weiß, wie es sich tatsächlich entwickeln wird. Nur eins weiß man mit Sicherheit aus den Erfahrungen: wenn nicht vorbeugend gehandelt wird, kann sich die Krankheit exponentiell (!) ausbreiten.
Die kritisierten Maßnahmen entsprechen also genau dem, was das Gesetz im Interesse der Bekämpfung von Epidemien für zulässig erklärt – und was nach den historischen Erfahrungen und den aktuellen Erkenntnissen der Epidemiologie unverzichtbar ist. Und was deshalb natürlich auch verfassungsgemäß ist, denn niemand ist berechtigt, seine Interessen zu verfolgen, wenn dadurch die Gesundheit anderer beeinträchtigt werden kann.
Bleibt zu hoffen, dass das angerufene Bundesverfassungsgericht alsbald Klarheit schafft. Was die Kritiker möglicherweise aber nicht beeindrucken wird: wer überzeugt ist, dass mit diesen Regelungen der Bestand der Bundesrepublik gefährdet und die Menschenwürde verletzt wird, wird dann auch das Bundesverfassungsgericht nicht akzeptieren. Aber damit muss man wohl leben. Man sollte ihm nur nicht die mediale Aufmerksamkeit widmen, die immer wieder denjenigen gewährt wird, die meinen, klüger als der Rest der Welt zu sein – obwohl sie nur die Grenzen ihrer eigenen Erkenntnismöglichkeiten überschätzen. Es gibt genügend echte Probleme, die eine juristische Aufarbeitung benötigen.
Dr. Burkhardt Krems, 09.04.2020
Sozialarbeit in der Krise: einige Anmerkungen zu Notmaßnahmen
Problemstellung
Die durch Kontaktverbote geschaffene Situation hat auch tief greifende Auswirkungen auf die Sozialarbeit, die großenteils auf diese Kontakte angewiesen war und weiterhin ist, Hilfe aber nicht mehr in den bisher vorgesehenen Formen leisten kann. Hier stellt sich die Frage nach Ersatzlösungen: Notmaßnahmen, mit denen Hilfe geleistet wird unter Berücksichtigung der Anforderungen des Infektionsschutzes.
Der Gesetzgeber hat mit dem Sozialdienstleister-Einsatzgesetz eine Lösung bereitgestellt, die die Existenz der sozialen Dienstleister sichert. Sie erhalten (verlorene) Zuschüsse, die den Wegfall von Einnahmen kompensieren, die durch bisher erbrachte Leistungen erzielt wurden. Und sie sollen Maßnahmen zur „Bewältigung der Auswirkungen der Coronavirus-Krise“ durchführen.
Unklar ist aber die Kostentragung für die Wahrnehmung der bisherigen Aufgaben, aber durch neue Arten von Maßnahmen, mit denen wegfallende Hilfemöglichkeiten kompensiert werden. Hier ist grundsätzlich die Kostentragung durch die bisherigen Kostenträger zu prüfen, denn die – vom Umfang erbrachter Leistungen unabhängigen – Zuschüsse des Sozialdienstleister-Einsatzgesetzes sind nachrangig, siehe Gesetzesbegründung zu § 2:
„Soweit ein sozialer Dienstleister weiterhin seine eigenen Aufgaben erfüllt (etwa eine Schuldnerberatung durch Einsatz von HomeOffice oder Frauenhäuser weiter betrieben werden), fließen vorrangig Zahlungen der Leistungsträger, die nach den weiteren Regelungen ohnehin Berücksichtigung finden.“).
Fragen in diesem Zusammenhang werden von den Kostenträgern nicht zeitgerecht beantwortet, mit der Folge, dass die Sozialdienstleister im Ungewissen bleiben. Andererseits ist klar, dass die Hilfsbedürftigkeit weiterhin besteht und der ersatzlose Wegfall schwerwiegende Folgeprobleme verursachen kann, mit wesentlich höheren Kosten für die Sozialsysteme und die Gesellschaft als die Aufwendungen für derartige Notmaßnahmen.
Für die Sozialdienstleister stellt sich die Frage, ob sie einen Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen für solche Maßnahmen haben, mit denen sie die ihnen bisher – in anderer Form – übertragenen Hilfen gewähren, ohne dass dies durch die Leistungsträger bereits anerkannt ist.
Einige Überlegungen für die rechtliche Bewertung
Zunächst seien kurz die Grundsätze herausgearbeitet. Die Regelungen, nach denen die Arbeit bisher erfolgte und finanziert wurde, sind Konkretisierungen des Sozialstaatsprinzips, das als oberste Richtschnur weiterhin zu gelten hat. Allerdings hat der Gesetzgeber die Befugnis, Art und Umfang von Leistungen zu bestimmen, eine unmittelbare Berufung auf das Sozialstaatsprinzip ist also ausgeschlossen.
Die Besonderheit in der aktuellen Situation besteht darin, dass die Regelungen mit der aktuellen Situation nicht gerechnet, entsprechend keine Vorkehrungen für diese Besonderheiten geschaffen haben, einerseits, die zur Klarstellung eigentlich berufenen Stellen, die Leistungsträger, die entsprechende Leistungen erstatten müssen, andererseits, solche Klarstellungen bisher nicht vorgenommen haben.
Auch wenn die Existenz der sozialen Dienstleister grundsätzlich erst einmal gesichert ist, weil sie auch bei Wegfall der Leistungen kompensierende Zuschüsse erhalten (§ 2 des Sozialdienstleister-Einsatzgesetzes), ist immer noch fraglich, ob Leistungen, die sie als Ersatz erbringen, etwa um die notwendige Betreuung von psychisch Kranken zu leisten, erstattet werden können.
In dieser Frage ist beides zu berücksichtigen: die Befugnis des Gesetzgebers, Art und Ausmaß der Hilfen festzulegen, und die Ungewissheit über die Rechtslage.
Die bisherigen Leistungen konkretisieren das Sozialstaatsprinzip insoweit, als sie in der Sache Hilfsbedürftigkeit anerkennen. Da die Hilfe in den bisher vorgesehenen Formen nicht mehr geleistet werden kann, entsteht also eine Regelungslücke, bei der ein Rückgriff auf das Sozialstaatsprinzip insoweit geboten ist, als andere Arten der Hilfegewährung diese Lücke füllen müssen, wenn und soweit sie die Ziele der bisher erbrachten Leistungen kompensieren können. Dies gilt jedenfalls so lange, bis die zuständigen Stellen eine solche Konkretisierung vorgenommen haben.
Grundlage dieser Befugnis zur Lückenfüllung ist also die durch den Gesetzgeber (und die Stellen, die dies weiter konkretisieren) erfolgte Anerkennung der Notwendigkeit der Hilfegewährung.
Bei der Ausfüllung des Handlungsspielraums, der sich aus der Notwendigkeit der Lückenfüllung ergibt und der von den Dienstleistern zunächst eigenverantwortlich vorgenommen werden muss, gelten zwar grundsätzlich die Anforderungen, die auch im Übrigen zu beachten sind: die Maßnahmen müssen geeignet, erforderlich und angemessen sein. Allerdings ist in dieser Ausnahmesituation ein Ermessensspielraum zuzuerkennen mit der Folge, dass den Einrichtungen Kosten für alle Maßnahmen zu erstatten sind, die nicht offensichtlich gegen die formulierten Anforderungen verstoßen. Sie dürfen also bisher bewilligte Maßnahmen durch andere Maßnahmen kompensieren, aber die Hilfe etwa nicht nach Art und Umfang ausweiten.
Das gilt jedenfalls so lange, bis die zuständigen Stellen, die sonst über Hilfegewährung und Erstattungsfähigkeit der Aufwendungen entscheiden, eigene Regelungen getroffen haben.
Die zivilrechtliche Parallele ist die Notgeschäftsführung, geregelt in § 680 BGB, denn in vielen Bereichen können Betreuungsmaßnahmen zeitlich nicht aufgeschoben werden, wenn schwerwiegende Nachteile mit unter Umständen wesentlich höheren Kosten vermieden werden sollen, und damit auch die Erfüllung des Sozialstaatsauftrags akut gefährdet werden würde.
Zum Sozialdienstleister-Einsatzgesetz – SodEG
Beschlossen als Art. 10 des „Sozialschutz-Pakets“. Gesetz und Gesetzesbegründung sind bereits im Internet verfügbar über
https://www.buzer.de/2_Sozialdienstleister-Einsatzgesetz_SodEG.htm
Gesetzestext
§ 2 Sicherstellungsauftrag der Leistungsträger
Die Leistungsträger nach § 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch, mit Ausnahme der Leistungsträger nach dem Fünften und Elften Buch Sozialgesetzbuch, und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Leistungsträger) gewährleisten den Bestand der Einrichtungen, sozialen Dienste, Leistungserbringer und Maßnahmenträger, die als soziale Dienstleister im Aufgabenbereich des Sozialgesetzbuchs oder des Aufenthaltsgesetzes soziale Leistungen erbringen. Soziale Dienstleister in diesem Sinne sind alle natürlichen und juristischen Personen und Personengesellschaften, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens von Maßnahmen zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten nach dem Fünften Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes in einem Rechtsverhältnis zu einem Leistungsträger nach Satz 1 zur Erfüllung von Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch oder dem Aufenthaltsgesetz stehen. Maßnahmen nach Satz 2 sind hoheitliche Entscheidungen, die im örtlichen Tätigkeitsbereich von sozialen Dienstleistern unmittelbar oder mittelbar den Betrieb, die Ausübung, die Nutzung oder die Erreichbarkeit von Angeboten der sozialen Dienstleister beeinträchtigen.
Begründung des Gesetzes (Auszug)
Die sozialen Dienstleister in Deutschland sollen sich aktiv in die Bewältigung der Auswirkungen der Coronavirus Krise einbringen. Sie werden im Rahmen ihrer Aufgaben von den jeweils zuständigen Leistungsträgern aufgefordert, mit ihnen abgestimmte konkrete Beiträge zur Bewältigung der Auswirkungen der Coronavirus SARS-CoV-2 Krise zu identifizieren und, soweit sie geeignet zumutbar und rechtlich zulässig sind, auch umzusetzen. Die Leistungsträger sollen ab sofort den Bestand der sozialen Dienstleister sicherstellen. Voraussetzung hierfür ist, dass die sozialen Dienstleister erklären, alle ihnen nach den Umständen zumutbaren und rechtlich zulässigen Möglichkeiten auszuschöpfen, um zur Bewältigung der Auswirkungen der Pandemie beizutragen. Hierzu stellen sie Arbeitskräfte, Räumlichkeiten und Sachmittel zur Verfügung, die hierfür geeignet und einsetzbar sind, insbesondere in der Pflege, und in sonstigen gesellschaftlichen und sozialen Bereichen (z. B. die Unterstützung bei Einkäufen, Begleitung bei Arztbesuchen, telefonische Beratung in Alltagsangelegenheiten). Erfordert die Coronavirus SARS-CoV-2 Krise auch den Einsatz in anderen Bereichen (z. B. Logistik für die Lebensmittelversorgung oder Erntehelfer), kann die Erklärung im Rahmen der rechtlich zulässigen Möglichkeiten und der Zumutbarkeit auch auf diese Bereiche ausgedehnt werden. Durch den Sicherstellungsauftrag wird eine Rechtsgrundlage geschaffen, durch welche die Leistungsträger weiterhin an die sozialen Dienstleister zahlen können und zwar unabhängig davon, ob diese die Leistung tatsächlich ausführen oder nicht. Der Sicherstellungsauftrag soll durch sachlich subsidiäre und zeitlich begrenzte monatliche Zuschüsse der Leistungsträger an die sozialen Dienstleister erfolgen. Der Sicherstellungsauftrag umfasst alle sozialen Dienstleister, die mit den Leistungsträgern im maßgeblichen Zeitpunkt des Inkrafttretens von Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz in Leistungsbeziehungen stehen.
Begründung zu § 2 (Auszug)
Soweit ein sozialer Dienstleister weiterhin seine eigenen Aufgaben erfüllt (etwa eine Schuldnerberatung durch Einsatz von HomeOffice oder Frauenhäuser weiter betrieben werden), fließen vorrangig Zahlungen der Leistungsträger, die nach den weiteren Regelungen ohnehin Berücksichtigung finden.
Mietminderung - Nachtrag:
- Deichmann und Co. setzen Mietzahlungen aus.
- Und Mietausfallwagnis ist bereits berücksichtigt.
Wie dpa berichtet, setzen unter anderem Adidas und die Schuhkette Deichmann ihre Mietzahlungen aus - unter Protest der Vermietervertreter (siehe z. B. den Bericht in der Kölnischen Rundschau vom 28.03.2020, S. 9). Deichmann und Co. haben wohl ihre Juristen befragt, und die sind zum selben Ergebnis gekommen wie unten dargelegt: die staatlichen Anordnungen führen zu einem Mangel der vermieteten Räume, der zur Mietminderung berechtigt. - Wie die Lasten der Corona-Krise sinnvoll zu verteilen sind, bedarf wohl noch weiterer Klärungen. Aber dass sich Gewerbetreibende über das Recht auf Mietminderung entlasten und damit möglicherweise die Existenz erhalten können, sollte in die Überlegungen einbezogen werden, auch, dass dies den wohl verstandenen Interessen der Vermieter in langfristiger Perspektive entsprechen könnte.
Hinzu kommt, dass gewerbliche Vermieter bei der Kalkulation der Miete üblicherweise das Mietausfallwagnis durch einen Zuschlag berücksichtigen, entsprechend der Regelung in § 29 der Zweiten Berechnungsverordnung für die Ermittlung der Kostenmiete von Wohnraum. Ein zeitweiser Mietausfall ist also bereits "eingepreist". Üblich ist bei Gewerbeimmobilien ein Zuschlag von 4%.
Dr. Burkhardt Krems, 28.03.2020
Mietminderung wegen Corona - die übersehenen Rechtsfolgen
Als Pressemitteilung veröffentlicht am 18.03.2020 (aktualisiert 19.03.2020), in Internet verfügbar unter https://tinyurl.com/Mietfolgen-Corona. Siehe dazu aber auch den Nachtrag
Überlebenswichtig: Miete entfällt, wenn das Geschäft wegen Corona geschlossen bleiben muss
Zahlreiche Geschäfte und Betriebe müssen wegen Corona schließen, weil keine Kunden mehr kommen dürfen. Dabei laufen die Fixkosten weiter. Ein wichtiger Teil der Fixkosten sind die Miet- oder Pachtzahlungen, teils aufgrund langfristiger Verträge. Wichtig für die Inhaber ist zu wissen, dass sie Mietzahlungen einstellen und sich damit entlasten können: wenn keine Kunden kommen dürfen, fehlt eine wesentliche Eigenschaft, liegt im Rechtssinne ein Mangel der Mietsache vor, der zur Mietminderung berechtigt. Damit entfallen diese Fixkosten, was zum wirtschaftlichen Überleben beitragen kann.
Weiterlaufende Fixkosten sind ein großes Problem für die zahlreichen Geschäfte und Betriebe, die keine Kunden mehr haben: Sie müssen schließen, aber auch Kunden dürfen nicht kommen. Zu den Fixkosten gehören insbesondere die Miet- oder Pachtzahlungen, und zum Teil liegen sogar langfristige Verträge vor, die abgeschlossen worden sind im Interesse der Absicherung. Was sich jetzt als Problem erweist, wenn die Kunden wegbleiben, und eine kurzfristige Beendigung des Mietverhältnisses nicht möglich ist, oder auch gar nicht gewünscht wird: weil man hofft, nach dem Ende der Krise weitermachen zu können.
Wichtig ist in dieser schwierigen Situation zu wissen, dass die Mietzahlungen ausgesetzt werden können, was die Belastung durch Fixkosten und damit das wirtschaftliche Risiko verringern könnte. Denn die Anmietung erfolgte natürlich unter der Voraussetzung, dass Kunden kommen können. Damit hat das Mietobjekt durch die behördlichen Anordnungen einen „Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt“, das berechtigt zur Mietminderung, § 536 Abs. 1 BGB. Dass der Vermieter darauf keinen Einfluss hat spielt keine Rolle. Allerdings kann im Mietvertrag eine andere Gefahrverteilung geregelt worden sein.
Dies zu akzeptieren dürfte auch im Interesse des Vermieters sein. Denn er hat ein Interesse daran, die Geschäftsräume weiterhin vermieten zu können. Ohne ein derartiges „Entgegenkommen“ könnte es für ihn schwierig werden, nach dem Ende der Corona-Krise einen zahlungsfähigen Mieter zu finden. – Wie immer ist empfehlenswert, sich möglichst zu einigen. Aber Grundlage dieser Einigung sollte auch das Wissen um die Rechtslage sein, ergänzend die fachkundige Beratung durch einen Anwalt oder sachkundigen Interessenvertreter.
Für die wirtschaftliche Situation der Betroffenen Inhaber könnte das Recht auf Mietminderung ab Beginn der Schließung eine wichtige Hilfe sein. Denn Personalkosten sind schneller zu reduzieren, und in vielen Fällen greifen unsere sozialen Sicherungssysteme für die Beschäftigten, sodass hier halbwegs praktikable Lösungen vorhanden sind.
Die Mietminderung kann geltend gemacht werden ab dem Zeitpunkt, zu dem die Schließung erfolgt, vgl. § 536c Abs. 2 BGB. Eine vorherige Ankündigung gegenüber dem Vermieter ist nicht notwendig, weil der Vermieter aus allgemein zugänglichen Quellen darüber informiert ist, vor allem aber weil er diesen Mangel nicht beseitigen kann, eine Anzeige des Mangels an der Sachlage also nichts ändern würde.
Mietminderung wegen der Einschränkungen: Wenn ein Teil der Kundschaft nicht mehr kommen kann, ist auch dies unter Umständen einen Mangel, der zur Mietminderung (Reduzierung der Miete) berechtigt, wenn die entsprechende Nutzung dem Mietvertrag entspricht. Zum Beispiel wenn eine Bäckerei zwar weiter Backwaren verkaufen darf, aber kein Verzehr in ihren Räumen mehr zulässig ist. Das erfordert eine Einzelfallprüfung der Rechtslage.
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