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Digitalisierung


Digitalisierung: die übersehenen Probleme
Grundsteuerwerterklärung
Pressemitteilung
Dokumentation

Die übersehenen Probleme der Digitalisierung der Verwaltung

Bei der Digitalisierung stoßen wir immer wieder auf Systemfehler: keine systematische Überprüfung auf sachliche Korrektheit, Benutzerfreundlichkeit, Einhaltung der Regeln der Software-Ergonomie (ISO 9241 ). Wir brauchen dringend Qualitätsstandards, die diese Überprüfung erzwingen, verbunden mit Tests durch die Betroffenen. 4 Beispiele.

eID mit dem Personalausweis 

Mir ist es bisher noch nie gelungen, mit meinem Personalausweis meine Identität nachzuweisen, obwohl ich mit allen technischen Mitteln ausgestattet bin  . So auch Berichte in der Presse .

Elster / Grundsteuerwerterklärung

Das Programm Elster ist ein Ausbund an Benutzerunfreundlichkeit. Versuchen Sie mal damit eine einfache Nachricht an das Finanzamt zu schicken. Da schreibe ich lieber einen Text und faxe ihn an das Finanzamt, in einem Bruchteil der Zeit, den ich bei Elster benötige. 

Völlig unverständlich und schlicht rechtswidrig ist das Verfahren zur Übermittlung der Daten für den Grundsteuerwert. Hat niemand gemerkt, dass die Verpflichtung, dem Finanzamt bereits digital verfügbare Daten erneut in ein Online-Formular einzutragen, ein grober Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist? Wir haben eine Eigentumswohnung, die durch Zusammenfassung von 33 Flurstücken entstanden ist, wir hätten also die Daten von 33 Flurstücken eintragen müssen, die das Finanzamt schon hat und auch gar nicht benötigt. Denn benötigt wird lediglich die Gesamtfläche aller Flurstücke, damit die anteilige Grundstücksfläche der Wohnung berechnet werden kann.

Das Onlineformular ist nur die Umwandlung des Papiervordrucks, dessen Qualität ich hier nicht beurteilen möchte. Es ist unverständlich, dass etwas, das Millionen Bürger betrifft, nicht sorgfältig auf Benutzerfreundlichkeit getestet wird. Etwa indem nur erforderliche Daten abgefragt, bereits vorhandene Daten automatisch eingesetzt werden und der Ablauf situationsabhängig vereinfacht wird (nicht zutreffende Felder werden nicht angezeigt) – wie es das inzwischen vom BMF bereitgestellte Programm "Grundsteuererklärung für Privateigentum" zum Teil macht – damit beweist es auch, dass es anders geht! 

Und meine Briefwahlunterlagen bekomme ich, indem ich einen QR-Code scanne, die Einträge ergänze und abschicke – so einfach kann es sein, einschließlich der Legitimation. Entsprechend benutzerfreundlich das Verfahren beim Zensus 2022 des Statistischen Bundesamtes. Es geht einfach – und dennoch ausreichend sicher.

Kommunale Ebene: Hundesteuer

Auf der kommunalen Ebene erlebe ich Entsprechendes. Die Stadt Köln hat 5 Jahre lang mit viel Aufwand ihre Verwaltung reformiert. Ein von der Oberbürgermeisterin ausdrücklich als Beispiel genanntes Ergebnis ist die Digitalisierung der Anmeldung eines Hundes. Diese großartige Aktion ist, wie oft auch sonst, im Wesentlichen die Umwandlung eines Papiervordrucks in ein Onlineformular. Kraut-und-Rüben-Erläuterungen auf 4 Webseiten wurden noch weiter kompliziert durch 4 Hinweise, man könne jetzt auch das Onlineverfahren nutzen. Nur dass man da nicht einfach hinkommt, denn der Hinweis ist kein Link zum Onlineformular, das auch noch grobe Fehler aufweist.

Auch hier wieder keine Qualitätskontrolle, ein systematisches Versagen bei der Digitalisierung und ein strukturelles Defizit. Und niemand bemerkt und korrigiert es, weder im Einzelfall noch als Systemfehler. Dass es anders geht zeigt die Stadtverwaltung Mannheim.

Möglichkeiten nicht erkannt: Fax als Kommunikationsmittel

Im Zuge der Bewältigung von Corona wurde die Nutzung von Faxgeräten durch die zahlreichen Gesundheitsämter als Beleg für veraltete Technik bundesweit kritisiert. Die Potenziale einer vorhandenen technischen Infrastruktur wurden nicht gesehen. Ein übermitteltes Fax kann beim Empfänger als PDF-Datei gespeichert werden, und wenn es ein definiertes Format hat, kann es unmittelbar digital weiterverarbeitet, die Daten können in eine Datenbank eingespeist werden. Das setzt lediglich eine entsprechende Struktur bei einem Empfänger voraus, und hunderte Faxgeräte können nach eingespielten Abläufen genutzt werden. Statt auf eine aufwändige digitale Lösung mit technischer Ausstattung von hunderten von Ämtern zu setzen, die fehlerfrei vielleicht erst in 3 Jahren verfügbar ist, hätte man die vorhandene Struktur sofort mit großem Gewinn nutzen können. Man hätte nur die vorhandenen technischen Möglichkeiten geschickt kombinieren müssen. Angesichts der gravierenden Problematik ein grobes Versagen.

Erfolgsmeldungen?

Angesichts meiner konkreten Erfahrungen aus verschiedenen Bereichen und Handlungsebenen können mich die amtlichen Erfolgsmeldungen nicht überzeugen. Wir brauchen dringend überzeugende Überprüfungen des tatsächlichen Nutzens der digitalen Lösungen für die Nutzer:innen, auch als Quote zur Gesamtzahl möglicher Nutzungsfälle.




Pressemitteilung 26.10.2022

Grundsteuer-Befragung rechtswidrig und umsonst?

Finanzgericht soll Verfahren prüfen- Version 1.0

Millionen Grundeigentümer sollen einen schwer verständlichen Fragebogen ausfüllen, auch mit Daten, die die Finanzverwaltung schon hat. Überflüssiges darf vom Bürger aber nicht verlangt werden, das ist unverhältnismäßig und damit rechtswidrig. Und wegen zahlreicher Fehler, Unklarheiten und Missverständnismöglichkeiten wird der Fragebogen keine verlässlichen Daten liefern, mit denen die aufkommensneutrale Höhe der Grundsteuer berechnet werden kann. Auch deshalb kann die Erklärung in der jetzigen Fassung nicht verlangt werden. Denn diese aufwändige Datensammelaktion – und damit der Aufwand für den Steuerbürger – könnten umsonst sein.

Auch die Pflicht, für die einmalige Übermittlung von Daten ein ELSTER-Konto einzurichten, ist unverhältnismäßig und deshalb rechtswidrig. Denn das geht wesentlich einfacher, wie Gemeinden und das Statistische Bundesamt es vormachen.

Die Finanzverwaltung hat offensichtlich die technische Entwicklung der vergangenen 25 Jahre verschlafen, und missachtet, was alle Politiker:innen immer wieder – zu Recht – fordern: weniger statt mehr bürokratischen Ballast. Das erfordert einen Test auf Praktikabilität und Nutzerfreundlichkeit vor einer „Digitalisierung“, die Millionen Bürger:innen belastet.

Die Finanzverwaltung sollte die Abgabe der Erklärung erleichtern, so wie es das Statistische Bundesamt beim Zensus 2022 gemacht hat: mit

· einem einfachen Zugang,

· einem vorausgefüllten Fragebogen, der bereits alle vorhandenen Daten enthält,

· nur den Fragen, die im konkreten Fall notwendig sind,

· allgemein verständlichen getesteten Formulierungen

· und einer übersichtlichen Nutzerführung.

Eine Dokumentation ist unter https://bit.ly/3DtYdNI verfügbar.

Pressekontakt und weitere Informationen:
Dr. Burkhardt Krems, +49 172 256 29 20, +49 221 79 00 68 17, anwalt@bkrems.de





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